Lutz-Werner Hesse · Komponist
Rezensionen heute bis 2021
absteigende Reihenfolge
Klaviertrio „Nordlichter“ op. 94
Auf einen stürmischen Auftakt folgen markante Klänge des Klaviers, kurze Episoden schildern Atmosphärisches, Wolkenbilder, Lichterscheinungen oder andere Wetterphänomene – ohne Programmmusik zu sein. Beinahe nahtlos gehen die Sätze ineinander über, poetische Passagen wechseln mit starker Unruhe, temporeiche Melodiebögen schaffen dynamische Kontraste. Zarteste Streicherklänge und schimmernde, flimmernde Passagen weichen fast bedrohlichen Wolkenballungen. Glockenklänge vom Klavier beantworten Violine und Violoncello mit flottem Pizzikato. Bei dieser Mischung aus Klassik und Moderne, Spannung und Entspannung hält das Publikum beinahe den Atem an. Im Epilog schwingt das etwa 20-minütige Werk mit zarter Ruhe langsam aus. Danach gibt es riesengroßen Beifall und Bravorufe für das exzellent spielende Trio und den Komponisten.
Westdeutsche Zeitung, Wuppertal 11. Januar 2025
„Pas de deux“ Konzert für Flöte, Harfe und Orchester op. 91
Catarina Laske-Trier, die Soloflötistin der Uraufführung von Lutz-Werner Hesses jüngsten Auftragswerk … schwärmt im Einführungsvortrag zum 3. Sinfoniekonzert: „Hesses Werk ist Gute-Laune-Musik, es hat sich den Musikern schnell erschlossen.“ Ihre „Lieblingsstelle“ sei das Flöten-Harfen-Solo im „Epilog“ des dritten Satzes. In der Tat klang Hesses Musik anschließend im Konzert in der ausverkauften Wuppertaler Stadthalle liebenswürdig, eloquent, dann auch beschaulich und schließlich im Epilog des 3. Satzes geheimnisvoll. Hesses Werk endete kraftvoll mit einem finalen Prestissimo … Für die Uraufführung dieses gelungenen, angenehm hörbaren Werks Lutz-Werner Hesses gab es anerkennenden und begeisterten Applaus.
Westdeutsche Zeitung, Wuppertal 20. November 2024
Nunc dimittis op. 89
Der Wuppertaler Komponist hatte die Motette zu vier Stimmen 2023 geschrieben und Thorsten Pech gewidmet. Die Uraufführung bekommt an diesem Abend einen würdigen Rahmen. Unter dem klaren und ausdrucksstarken Dirigat von Thorsten Pech gestaltet der Chor Hesses anspruchsvolles sechsminütiges „Nunc dimittis“ in atemberaubend schönem Wohlklang, andächtig, hoffnungsvoll, inbrünstig, aber auch fragend.
Westdeutsche Zeitung, Wuppertal 11. Oktober 2024
Quartett für Flöte, Violine, Viola und Violoncello op. 88
Die Musik ist äußerst farbenreich und unterhaltsam im besten Sinne.
Westdeutsche Zeitung, 20. März 2024
Konzert für Mandoline und Streichorchester op. 52a
Zu einem besonderen Höhepunkt wurde das Konzert für Mandoline und Streichorchester von Lutz-Werner Hesse. Flirrende Streicherklänge schufen eine besondere Atmosphäre, während Antonia Platzdasch mit ihrem großartigen Mandolinen-Solo überzeugte. Schöne Tremoli, erzählende, auch expressive Mandolinenklänge, ein großer warmer Klangteppich der Streicher und immer wieder ergreifende Soli zogen das Publikum in ihren Bann.
Westdeutsche Zeitung, Wuppertal 20. Dezember 2023
Rim Trail – Infinite Landscape Nr. 3 op. 90
Musikalischer Höhepunkt war schließlich die Uraufführung von „Rim Trail – Infinite Landscape Nr. 3 op. 90“ von Lutz-Werner Hesse … Inspiriert von einer Wanderung durch die weltberühmte Grand Canyon-Landschaft im US-Bundesstaat Arizona schuf er eine Klangwelt, die mit heftigen Rhythmen im 7/8-Takt die wilde Landschaft klanglich visualisierte, den Blick auf den Fluss im tiefen Tal mit fast bewegungslosen, statischen Klangbändern spannungsvoll darstellte, ehe im bewegten Finale wieder heftige Dynamik, Emotion, ja Begeisterung das Spiel der Studierenden prägte … Eine abenteuerliche Wanderung wurde zu einem abenteuerlichen Spiel des Orchesters, das von den jugendlichen Musikern expressiv und jugendlich dynamisch interpretiert wurde. Wieder ein sehr gelungenes Werk von Lutz-Werner Hesse. Es wurde mit starkem Applaus gefeiert.
Westdeutsche Zeitung, Wuppertal 3. November 2023
Vita di San Francesco – Elf Stationen aus dem Leben des Heiligen Franziskus von Assisi für Orgel und dreizehn Gongs op. 18
Die Atmosphäre dieser Lebensgeschichte in elf Stationen darzustellen, wie bei einem Kreuzweg von Bild zu Bild zu wandern, in diesem Falle mit Hilfe der Musik den richtigen Ton, die richtige Andacht zu treffen, das ist Hesse beeindruckend gelungen. … Hesse gelang mit dieser inzwischen 30 Jahre alten Komposition ein Werk, das dem Zuhörer Imagination abverlangt, eine jenseitige Welt fassbar und ein bewegtes Seelenleben erlebbar macht. Ein fesselndes Klangereignis, ein religiöses und doch auch weltliches Musikwerk. Starker Applaus und Bravorufe in der Stadthalle belegten die Begeisterung, die diese Musik hervorgerufen hat.
Westdeutsche Zeitung, Wuppertal 17. Oktober 2023
Der Einsiedler
Motette auf einen Text von Joseph von Eichendorff für vier- bis siebenstimmigen Chor a cappella op. 80
Das Lied „Der Einsiedler“ von Hesse faszinierte durch das wie selbstverständliche Spiel mit Konsonanzen und Dissonanzen; herrlich die farbigen Fermaten und die sich aufbauende strahlende Schlusskadenz.
Michael Kristahn, Westdeutsche Zeitung, Wuppertal, 17. April 2023
Viertes Streichquartett mit Mezzosopransolo op. 33 „Hamlet-Quartett“
Iris Marie Sojer, Solistin an der Wuppertaler Oper, hatte einen starken Auftritt. Zusammen mit Annette von Hehn und Eva Högel (Violinen), Werner Dickel (Viola) und der ehemaligen Dozentin Susanne Müller Hornbach (Cello) führte Sojer Hesses „Hamlöet-Quartett“ auf. Orientiert an der Form des viersätzigen Streichquartetts evoziert die Komposition aus dem Jahr 1999 die Hauptfiguren des Shakespeare’schen Dramas. Doch während der tragische Held und seine Gegenspieler mit rein instrumentalen Mitteln dargestellt werden, ist das finale Mezzosopran-Solo Hamlets Geliebter Ophelia gewidmet.
Neben der Integration einer Gesangsstimme sind es die schrillen Dissonanzen in den Streichern, die das klassische Quartett-Format aufbrechen. Im Kopfsatz ließen die Musiker mit jähen Tempowechseln Hamlets Charakter ahnen, der zwischen Grübeleien und emotionalen Ausbrüchen schwankt. Eine Zuspitzung in jeder Hinsicht war der Auftritt der Königin, bei der sich die Violinen in geräuschhaften Tönen ergingen. Schnell attackierende Läufe entlarvten geradezu die Figur des Claudius , König und Königsmörder in einer Person. In diesem Sinne stellte der Finalsatz einen größtmöglichen Kontrast dar. Die Schilderung von Ophelias Tod … trug Sojer zunächst als rhythmisch prägnantes Rezitativ vor. Den leichten, fast lyrischen Ton steigerte sie zu virtuosen Melismen.
Westdeutsche Zeitung Wuppertal, 26. Januar 2023
Quintett für Horn, zwei Violinen, Viola und Violoncello op. 85 (2020)
Nach der Pause erzählte Lutz-Werner Hesse die Geschichte des Werkes der zweiten Uraufführung. Er hatte 2019 von Detlef Muthmann einen Kompositionsauftrag für ein Stück für Blasinstrument und Streichquartett erhalten. Das sollte in einem Konzert der Kammermusikreihe uraufgeführt werden. Der Komponist entschied sich für das Horn „Es ist mein Instrument. Mit diesem Blasinstrument kenne ich mich am besten aus“.
Er behandelte das Horn hier durchaus in der Aura und Tradition des 19. Jahrhunderts, hatte es in der Romantik doch einen hohen Stellenwert, obwohl es selten kammermusikalisch eingesetzt wurde. Für diese Besetzung gibt es seit Mozart nur wenige Stücke. Im kurzen quasi improvisierenden Prolog stellt das solistische Horn vom tiefen G bis zum hohen b nach langen Quinten seinen Tonumfang in ruhigen ersten Tönen bei noch unbestimmtem Takt zusammen.
Erst das Streichquartett findet dann zum ungewöhnlichen, schwankendem 7/8 Takt. Die Mittelstimmen liefern durchlaufende Sechzehntel-Terzen über einem Ostinato des Violoncellos, welches viel später mit schwankendem Rhythmus wiederkehrt. Erste Violine und Horn beginnen einen Zwiegesang, später cantabile übernommen von der sonoren Bratsche und endlich dem Violoncello. Fugato, Elemente von Kontrapunkt Nach Ende der Hornkantilene ergreifen nach und nach die Sechzehntel das ganze Streichquartett, welche accelerando nach wüstem Absturz beim trillernden Cello in der Tiefe landen, zuletzt nach starkem Pizzi-Ritardando aller auf G-endet. Aus acht Sätzen besteht das ganze Werk, bringt Kantilenen, Fugato, Elemente des Kontrapunktes, also durchaus konventionelle Musikelemente. Im Zentrum steht ein „Lento misterioso“ mit merkwürdig-befremdlicher Stimmung: sechs Takte scharfen, geheimnisvollen Klangs im Pianissimo, wenn das Bogen-Tremolo unmittelbar auf dem Steg ausgeführt wird. Den anspruchsvollen, kantablen, technisch schwierigen Hornpart spielte Sybille Mahni souverän und mit großem Ausdruck. Das Quintett wirkt alles andere als atonal, vermittelt keinen Schock der Moderne, sondern eher nahezu volkstümlichen Charakter.
Das Publikum zeigte sich mit starkem Applaus und Bravorufen für den Komponisten wie für die Ausführenden sehr angetan.
Johannes Vesper in: Musenblätter, 1. März 2022
Quintett für Horn, zwei Violinen, Viola und Violoncello op. 85 (2020)
Das beeindruckende einsätzige Stück … Ausdrucksstark und in einer tollen Kombination der Instrumente changierte es zwischen Leichtigkeit, geheimnis- und kraftvoll. Das Schumann Quartett der Brüder Mark, Erik und Ken Schumann ergänzt durch den Bratschisten Veit Hertenstein, überzeugte auch hier, ebenso wie (die Hornistin) Mahni durch überragendes Können. Technisch präzise, traumwandlerisch sicher ein absoluter Hörgenuss.
Bernadette Brutscheid, Westdeutsche Zeitung, 1. März 2022
Rezension der CD „Ich habe Dich gewählt …“
Symphonisches Gedicht Nr. 2 auf Texte von Else Lasker-Schüler für Mezzosopran, Sprechstimme, Chor und großes Orchester
Diese beiden Liveeinspielungen mit wenigen unterdrückten Hustern, viel dramaturgischer Spannung und den großartig aufgelegten Orchestern gefällt durch Qualität und Lebendigkeit. Zumal derzeit echte Konzerte in großer Besetzung kaum auf übliche Art möglich sind, suggerieren die hier vorliegenden Aufnahmen die lang vermisste Konzertatmosphäre.
Den Anfang macht der Zyklus Ich habe dich gewählt … nach Texten von Else Lasker-Schüler. Komponist Lutz-Werner Hesse verwebt Spätromantik mit gemäßigter Postmoderne und lässt so jeden Satz mit schier unerschöpflicher Dramatik ertönen. Dabei wird es musikalisch nie akademisch, denn Hesses Musik ist voller Kraft und Farbigkeit, für Bühne und Publikum konzipiert. Iris Marie Sojer (Mezzosopran) meistert ihre Partie grandios und wohl artikulierend. Als strahlende Solistin schwebt sie über dem Sinfonieorchester Wuppertal (Leitung Julia Jones), dem Opernchor der Wuppertaler Bühnen und die verstärkenden Amici del canto.
Sprecher Thomas Braus deklamiert zu Beginn, a cappella mit dramatischen Pauken am Ende, ein Gedicht von Lasker-Schüler („Prolog“). Sanft kommt der zweite Satz („Das Lied meines Lebens“) daher, dann startet mit volltönendem, kurzen Fagottsolo der dritte Satz („Vollmond“), von Sojers Mezzosopran mit der vollen Süße der Spätromantik vorgetragen, assistiert von einer eleganten Oboe. Auch die Chöre dürfen wieder mit warmen Klang ihre Stimmen im nicht allzu polyfonen Satz ertönen lassen. Der vierte Satz („Ich liebe dich“) startet mit Sechzehntelketten, die nie ganz verschwinden. Blech und Orgel sorgen in den letzten Takten für recht aufgeregtes, aber positives Treiben. Durch frisch klingende Bläserakkorde von allzu großer Süßlichkeit befreit, starten Mezzosopran und Chor nach spätromantischer Einleitung der Streicher in den sanft dahin fließenden Satz „Ich habe dich gewählt …“, dem ein „Tanzlied“ folgt. Hier spielt Hesse mit der Dramatik einer großen, sehr unterhaltsamen Filmmusik. Ein Englischhorn-Solo beginnt den siebten Satz („Gebet“), Mezzosopran und Chöre setzen die schlichte Melodik der Vertonung anschließend sehr gut um. Der „Epilog“ beendet mit großen Akkordblöcken und mächtiger Dynamik (und ruhigem, langen Mittelteil) den Zyklus.
Infinite Landscape. Two orchestral pictures op. 44
Bunte Klangmalerei, weniger Süße und einige Ecken weist Infinite Landscape. Two orchestral pictures op. 44 auf. Live eingespielt vom Philharmonischen Orchester Bremerhaven (Leitung Marc Niemann) bohrt sich vor allem der zweite, weitaus kürzere Satz (Vivace) mit galoppierender Rhythmik und hübschen melodischen Partikeln auf angenehme Art ins Ohr. Der längere erste Satz (Lento solenne, misterioso) spielt mit Klängen und melodiösen Einfällen, unterhält auf frische Art und zeigt, wie bunt die virtuose Klangpalette des Komponisten Hesse ist.
Heike Eickhoff, erschienen in: Das Orchester, 03/ 2021 Seite 76